35 Jahre Deutsche Wiedervereinigung: Rückblick und Perspektiven

Am 3. Oktober 1990 wurde mit dem Einigungsvertrag die deutsche Wiedervereinigung vollzogen – ein historisches Ereignis, das die Teilung des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg und während des Kalten Krieges beendete. Dieses Jubiläum wollen wir im Oktober zum Anlass nehmen, die Geschichte, die bestehende Ost-West-Diskrepanz sowie die Rolle von Bündnis 90/Die Grünen im Osten Deutschlands zu beleuchten.

Die friedliche Revolution in der DDR Ende 1989, der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und der Zusammenbruch des SED-Regimes ebneten den Weg zur Wiedervereinigung. Am 3. Oktober 1990 trat die DDR der Bundesrepublik Deutschland bei, nachdem zuvor der Einigungsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten sowie die Zustimmung der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs und des Zwei-plus-Vier-Vertrags rechtskräftig wurden. Seitdem ist der 3. Oktober als Nationalfeiertag der Tag der Deutschen Einheit in Deutschland verankert.

Trotz der politischen Einheit bestehen bis heute deutliche Ungleichheiten zwischen Ost und West. Wirtschaftlich zeigt sich der Osten durch geringere Löhne, höhere Arbeitslosigkeit und eine niedrigere Tarifbindung geprägt. Beispielsweise profitieren in Mecklenburg-Vorpommern nur rund 40% der Beschäftigten von Tarifverträgen, während es in westdeutschen Bundesländern deutlich mehr sind. Dies führt zu längeren Phasen geringerer Einkommen und sozialer Absicherung. Die Treuhandanstalt, die in den 1990er Jahren viele ostdeutsche Betriebe privatisierte, trug zur Zerstörung der gewachsenen Wirtschaftsstrukturen bei und verfestigte ökonomische Nachteile.

Gesellschaftlich erlebt der Osten vielfach Unterrepräsentanz und das Gefühl, von westdeutschen Eliten dominiert zu sein. Die Erinnerung an die DDR und der Umgang mit ihrer Geschichte werden unterschiedlich bewertet, was Spannungen erzeugt. Politisch gerät der Osten ins Abseits – die Zustimmung zu westlichen Parteien, auch Bündnis 90/Die Grünen, ist häufig geringer, und populistische Parteien wie die AfD gewinnen Zuspruch, befeuert durch ökonomische Unsicherheit und das Gefühl der sozialen Benachteiligung.

Die Kausalitäten liegen in den strukturellen Nachteilen, die durch schnelle Währungsunion und wirtschaftliche Umstrukturierung entstanden sind, sowie in fehlenden langfristigen Förderungen und politischen Vertretungen, die ostdeutsche Lebensrealitäten angemessen abbilden.

Bündnisgrüne Stahnsdorf

Bündnis 90/Die Grünen tragen mit ihrem Ursprung in der Bürgerrechtsbewegung der DDR eine besondere Verantwortung für den Osten Deutschlands. Dennoch kämpfen sie in ostdeutschen Bundesländern mit niedrigen Wahlergebnissen und teilweise massiver Ablehnung. Die Partei wird oft als „westdeutsche Elitepartei“ wahrgenommen, was Vertrauen erschwert. Die jüngsten Wahlniederlagen, wie in Brandenburg 2024 mit nur 4,1% und dem Verlust des Landtagsmandats, zeigen die Herausforderungen.

Als Reaktion darauf verfolgt die Partei eine Präsenzoffensive: Bundesvorsitzender Felix Banaszak eröffnet ein Wahlkreisbüro in Brandenburg, um näher an der Lebenswirklichkeit Ostdeutschlands zu sein und die politische Arbeit zu intensivieren. Zudem fand im September 2025 der OstkongressELBE 2025 – Engagement leben & Bündnisse entwickeln“ in der Lutherstadt Wittenberg statt, der den Austausch, die Vernetzung und die Sichtbarkeit ostdeutscher Perspektiven stärkt.

Das Impulspapier der Grünen zum „Bündnisgrünen Osten“ zeigt den Willen, aus Fehlern zu lernen und die Politik stärker an ostdeutsche Bedarfe anzupassen. Strategische Fokussierung auf Orte mit bestehenden Strukturen, verstärkte Wahlarbeit und Kooperationen sind Kernpunkte dieser Neuausrichtung. Ziel ist es, die Kluft zwischen Ost und West nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich und wirtschaftlich zu bearbeiten und den Osten als eigenständigen, vitalen Teil der Grünen-Bewegung zu stärken.

35 Jahre nach der Wiedervereinigung muss das Bild von Einheit stärker gelebt werden – wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch. Die Herausforderungen im Osten sind real, aber mit politischen Strategien wie der verstärkten Präsenz von Bündnis 90/Die Grünen und vielseitigem Engagement können sie adressiert und überwunden werden. Auf diesem Weg spielt die Partei eine wichtige Rolle, um die Vision einer gleichberechtigten, nachhaltigen und demokratischen Gesellschaft im gesamten Bundesgebiet Wirklichkeit werden zu lassen.

Claudia Roth bringt unsere heutige Situation auch bereits vor 14 Jahren in einem Interview auf den Punkt, welches man sich hier anschauen kann. Ost und West zusammendenken mit seinen Gemeinsamkeiten aber auch Unterschieden, die anerkannt werden müssen:

Genutzte Quellen

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